Mittwoch, 9. April 2008

Emden





Das Geisterschiff
Vor langer Zeit stand die Stadt Emden in voller Blüte, der Hafen war angefüllt mit Schiffen und Menschen aus aller Herren Länder; die Ems führte die Schiffe vom Meer in den Hafen.
Eines Tages braute sich im Nordwesten ein gewaltiger Sturm zusammen, die Stadt war von einer riesigen Flut bedroht. Ein Kauffahrer suchte auf der Ems den Weg zum rettenden Hafen; er befand sich nahe der Einfahrt und man hörte die Befehle des Kapitäns und das Rasseln des niedergehenden Ankers. Der Wind brauste und heulte, die Menschen im Hafen ergriff ein Schaudern.Mit einem Mal erfasste ein fürchterlicher Windstoß das Schiff, hob es hoch empor und ließ es tief in das Wasser eintauchen, hob es wieder empor, wirbelte es herum und warf es schließlich mit viel Gewalt tief ins Wasser.
Ein verzweifelter Aufschrei aus den Kehlen von vierzig Seemännern ertönte - im Angesicht ihrer entsetzten Angehörigen wurden sie von Sturm und Wasser mitsamt des Schiffes in die Tiefe gerissen. Den Zeugen dieses grausigen Schauspiels entrang sich ein lautes Stöhnen. Am Ufer wurde laut gerufen: "Wo ist die Barge?" Der Hafenmeister wies auf das Wachboot, das im Hafen festgebunden war und gab kalt zur Antwort: "Die Barge bleibt hier - es wäre nutzlos sie auslaufen zu lassen; auch hat Elfert Gießberts es nicht besser verdient als ihm jetzt geschenkt wird da draußen!" Gießberts war der Kapitän des Schiffes, das da draußen in den Fluten versank; er und der Hafenmeister waren seit jeher erklärte Feinde. Der Hafenmeister kannte nicht das Wort der Heiligen Schrift "Liebet eure Feinde", sondern nur den Spruch "Aug um Auge, Zahn um Zahn". Sein eigener Sohn befand sich an Bord des Kauffahrers, trotzdem verweigerte er jede Hilfe - so groß war sein Hass auf den Kapitän!Als man ihn schließlich zur Herausgabe des Schlüssels gezwungen hatte, war es zu spät; das Schiff war bereits mit Mann und Maus untergegangen und der Sturm pfiff höhnisch über die Stadmauern von Emden.
Noch immer wenn im Nordwesten ein Sturm aufzieht, das Wasser an die Deiche schlägt und der Wind laut und unheimlich heult, taucht um Mitternacht ein Geisterschiff auf, in bläuliches Licht eingehüllt.Man kann das Rasseln der Ankerkette hören, das Klappern der Taue und die Befehle des Kapitäns - und die Angst- und Todesschreie der armen Seelen...

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